Die Änderungen der BaFin zum Emittentenleitfaden
19. September 2013
Themengebiet | Berichterstattung |
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Publikationsform | Externe Publikationen |
Die BaFin möchte ihren Emittentenleitfaden in der Fassung von 2009 teilweise überarbeiten und hat dazu eine geänderte Fassung der Kapitel VIII. Informationen über bedeutende Stimmrechte (§§ 21 – 30 WpHG) und IX. Notwendige Informationen für die Wahrnehmung von Rechten aus Wertpapieren (§§ 30a – 30e WpHG) vorgelegt und bis zum 31.05.2013 zur Konsultation gestellt. Die wesentlichen Änderungen beziehen sich auf die erweiterte Fassung von § 25 WpHG (Mitteilungspflichten beim Halten von Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten) und die Einführung von § 25a WpHG (Mitteilungspflichten beim Halten von weiteren Finanzinstrumenten und sonstigen Instrumenten), die auf das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz zurück gehen. Ebenfalls hat die BaFin punktuelle Anpassungen aufgrund geänderter Rechtsprechung vorgenommen. So hat sie beispielsweise in ihren Ausführungen zum Meldepflichtigen (Kapitel VIII. 2.3.7. Abs. 2, S. 30) klargestellt, dass es für die Stimmrechte nach § 21 WpHG nur auf die Inhaberschaft, d.h. das Eigentum an den Aktien, ankommen kann und nicht, so wie es das OLG Köln am 06.06.2012 – 18 U 240/11 entschied, auch die sog. Legitimationsaktionäre von einer Mitteilungspflicht nach § 21 WpHG betroffen werden. Nicht ausschließen, aber sich auch nicht endgültig positionieren will sich die BaFin zu der Frage, ob anstatt dessen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WpHG zuzurechnen ist. Es entspricht dabei keiner endgültigen Auffassung, aber mehreren Andeutungen, dass die BaFin auch diese Zurechnung nicht vornehmen will und die Legitimationsaktionäre grundsätzlich nicht zur Mitteilung verpflichtet sieht.
Ebenfalls hat die BaFin ihre Auffassung hinsichtlich der sog. „Ketten-Wertpapierleihe“ an das Urteil des BGH vom 16.03.2009 – II ZR 302/06 angepasst. Die BaFin möchte in ihrer Neufassung klarstellen, dass eine Zurechnung zum Darlehensgeber nur noch bei bestehender Einflussmöglichkeit auf das Stimmrecht des Darlehensnehmers der Fall sein kann und nennt die entsprechenden Voraussetzungen unter Kapitel VIII. 2.5.2.2. Das hat der BGH zwar speziell für die Wertpapierleihe entschieden, allerdings dabei immer nur von der generellen Voraussetzung des § 22 WpHG gesprochen. Wenn dieses zentrale Kriterium aber auch auf die übrigen Anwendungsfälle des § 22 WpHG Anwendung fände, insb. das sog. „acting in concert“, stellt sich beispielsweise bei Aktienpools, Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) und Stimmrechtsberatern die Frage, ob sie nicht ebenfalls zukünftig anders zu beurteilen sind.
So spricht die Zurechnung nur zu demjenigen, der Einfluss auf das Stimmrecht ausüben kann, dafür, dass auch in einem Aktienpool derjenige zu identifizieren ist, der über die Stimmrechtsausübung letztlich entscheidet. Die anderen Aktionäre, die sich dem unterwerfen, müssten demzufolge vom Anwendungsbereich ausgenommen bleiben, womit eine grundsätzliche wechselseitige Zurechnung ausbliebe.
Mit der gleichen Argumentation muss die Frage gestellt werden, ob Stimmrechtsberater nicht ebenfalls dem „acting in concert“ unterfallen und folglich meldepflichtig sind. Bei einer praktischen Betrachtung ergibt das auch Sinn. Die Fälle Kagermann/Deutsche Bank, Mayrhuber/Lufthansa und der generelle Einbruch bei HV-Präsenzen zeigen die Einflussmöglichkeiten der Stimmrechtsberater auf. Gekoppelt mit der Erkenntnis, dass über die Hälfte der Aktionäre der DAX-Unternehmen Ausländer sind, womit eine gesteigerte Bedeutung der Stimmrechtsberatung typischerweise einhergeht, würde es der Transparenz dienen, wenn die Stimmrechtsberater melden müssten, wie viele Investoren sie vertreten und wie viel Macht sie folglich auf der Hauptversammlung ausüben können.
Ein Zurechnungstatbestand des § 22 WpHG ist auch die Zurechnung der Stimmrechte der Tochtergesellschaft zur Mutter. Für KVGen, also Fonds, gibt es allerdings eine Ausnahmebestimmung. So kommt es zu keiner Zurechnung, wenn deren unabhängige Stimmabgabe gewährleistet ist. Der Begriff der Unabhängigkeit bezieht sich vornehmlich auf eine rechtliche Weisungsbefugnis der Muttergesellschaft gegenüber der Tochter. Die BaFin geht bisher nicht darauf ein, ob der Ausnahmetatbestand greift, wenn alle Fonds einer nicht verbindlichen „voting policy“ folgen. Eine rechtliche Verpflichtung gibt es zwar nicht, doch wird sie faktisch befolgt werden.
Die BaFin hat im Übrigen in ihrer vorgeschlagenen Fassung bereits die Ersetzung des Investmentgesetzes durch das Kapitalanlagesetzbuch im Entwurf (KAGB-E) berücksichtigt.
Hinsichtlich der Ausführungen zu § 25 WpHG hat sich die BaFin der neuen Gesetzeslage angepasst, womit seit dem 01.02.2012 auch Wertpapierdarlehensgeschäfte und Repo-Geschäfte § 25 Abs. 1 WpHG unterfallen. Wandelanleihen bleiben weiterhin grundsätzlich vom Anwendungsbereich des § 25 WpHG ausgenommen. Sollte die Wandelanleihe allerdings auch das Wahlrecht umfassen, bereits eigene und damit ausgegebene Aktien zu beanspruchen, kommt nach Auffassung der BaFin eine Anwendung von § 25a WpHG in Betracht. Zu § 25a WpHG wiederholt die BaFin im Wesentlichen ihre Ausführungen in den FAQs, die bereits seit dem 09.01.2012 auf der BaFin-Seite zur Verfügung stehen. Sie äußert sich dabei zur Beurteilung von Baskets, Indizes, Unechten Pensionsgeschäften, Put-Optionen mit Barausgleich, Irrevocables Undertakings, Vorkaufsrechte im Rahmen von Gesellschaftervereinbarungen, Pfandrecht an Aktien, Tag-along- und Drag-along-Klauseln, Beherrschungs- und Gewinnabführungsvereinbarungen und Letter of Intent, Memorandum of Unterstanding & Prime Brokerage.
Insbesondere zu den letzteren Fällen sollte sich die BaFin noch zum Verhältnis zur ad-hoc-Publizität äußern. Gerade das EUGH-Urteil in Sachen Geltl/Schrempp-Daimler wirft die Frage auf, ob eine gleichzeitige Anwendung von § 25a WpHG neben der ad-hoc-Publizitätspflicht in Betracht nicht zu Problemen führt. Während die ad-hoc-Pflicht auch das Recht zur Selbstbefreiung zur Verfügung stellt, wäre der Bieter eventuell nach § 25a WpHG verpflichtet, seine Absicht zu einer M&A-Transaktion zu publizieren. Das ist gegenläufig. Es ist auch fraglich, ob diese Fälle § 25a WpHG wirklich unterfallen soll, der vorrangig „feindliche Übernahmen“ bzw. ein „Anschleichen“ verhindern soll. Die im Rahmen von Letter of Intent geführten Verhandlungen schließen aber logischerweise ein „Anschleichen“ aus.
Ebenfalls ist die Pfandrechtsbestellung typischerweise nicht mit dem eigenen Erwerb der Aktien verbunden, sondern mit deren Versteigerung bzw. freihändigen Verkauf. Die Anwendung von § 25a WpHG scheint folglich auch hier zumindest fraglich zu sein.
Fazit
In der Zusammenfassung ist daher feststellen, dass die BaFin hinsichtlich der §§ 25 und 25a WpHG keine besonderen neuen Auffassungen mitteilt, die nicht bereits durch die FAQs bekannt sind. Interessant sind vielmehr die geänderte Auffassung zur „Ketten-Wertpapierleihe“ und die ausdrückliche Positionierung gegen das umstrittene OLG Köln-Urteil.